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Erik Steinbrecher

[...] Steinbrecher, dessen Projekt nicht berücksichtigt wurde, hatte vorgeschlagen, das ursprünglich als offener Pavillon konzipierte Gebäude mit flexiblen Raumteilern aus Zeltstoff auszustatten. Er reagierte damit auf die Idee der Architekten, wonach dieses Gebäude für eine möglichst flexible, lebendige Nutzung bestimmt sei. Sein Wettbewerbsbeitrag und das Modell eines Raumteilers befinden sich heute in der Sammlung Ricola.

Letztes Jahr sind drei weitere, neue Werke in die Sammlung gelangt und seit diesem Sommer im renovierten Verwaltungsgebäude ausgestellt. Es handelt sich um LES CHEVEUX DE MONSIEUR ROUSSEAU (2011), eine Arbeit, die im Rahmen der Ausstellung Môtiers - Art en plein air 2011 im Schaufenster eines Coiffeurs gezeigt wurde, und zwei bearbeitete Hüte. LES CHEVEUX DE MONSIEUR ROUSSEAU besteht aus einem Fellmantel, einer Fellmütze und einem Kunsthaartoupée, die übereinander hängen und eine Art Körper bilden.

Das Werk spielt im Titel auf die Naturphilosophie des Schriftstellers Jean-Jacques Rousseau (1712-1778) und den Ort seiner ersten Präsentation an, einen Coiffeursalon in Môtier. Wie schon erwähnt, spielt die Alltagsästhetik für den Künstler eine zentrale Rolle. Zu seiner Methode gehört es, gewöhnliche, alltägliche Dinge auf die in ihnen geborgenen oder auch verborgenen Geschichten zu befragen, zu verklären oder auf überraschende und oft befremdliche Weise zu zeigen. Man denke hier an den Surrealismus, eine Bewegung des frühen 20. Jahrhunderts, die ebenfalls daran arbeitete, über künstlerische Verfahren in verborgene, selbst tabuisierte Dimensionen der Realität vorzustossen und innerhalb der Kunst Kräfte momentan zu entfesseln, die im Zivilisationsprozess mit gutem Grund gezähmt werden.

Der Künstler selbst spricht davon, dass ihn in einigen seiner Werke, zu denen auch die hier besprochenen Arbeiten aus unserer Sammlung zählen, die Wechselwirkung zwischen Kultur, Verwilderung und Verfall beschäftige. Die beiden Kopfbedeckungen, die er aufgeschnitten und mit Goldspray bzw. Silberspray besprühte, bezeichnet Steinbrecher als „‘surrealistische‘ Darstellungen von Köpfen. Beide Häupter scheinen zu spinnen (drehen …), als würden sie (wilde) Gedanken in Bewegung bringen“. Der Künstler Steinbrecher interessiert sich für die anthropologische Dimension seines Metiers und die damit zusammenhängenden Erkenntnisse, obschon er gerne und in zahlreichen Werken Fragen der Form, der Architektur und der Gestaltung aufgreift, und dabei seine Affinität zu Architektur und Alltagsdesign sichtbar werden.

Roman Kurzmeyer


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